Element 22

Essstörungen können jede*n treffen.

Alleine in Deutschland leiden 376 Tausend Menschen an einer Essstörung.

Betroffene erzählen

Viele Menschen, die unter einer Esstörung leiden, denken fälschlicherweise, dass sie alleine damit fertig werden könnten. Dabei ist eine Essstörung nichts, wofür man sich schämen muss: Es handelt sich dabei um eine ernstzunehmende Krankheit, die jede*n treffen kann. Jonah, Aylin und Barbara erzählen neben weiteren Betroffenen ihre Geschichte.

*

Bei den abgebildeten Personen handelt es sich um Schauspielende. Sie stehen repräsentativ für Betroffene, deren wahre Geschichten du hier lesen kannst.

Das ist Jonah. Er leidet unter einer Binge-Eating-Störung.

Nachdem er sich den ganzen Tag verbietet etwas zu essen, kann er sich abends bei einem Essanfall nicht mehr kontrollieren. Donuts sind zum Beispiel ist ein Trigger für Jonah. Er greift dann zu einer Packung Donuts und zieht sich sozial immer weiter zurück. „Ich bin so ekelhaft“, sagt er sich selbst nachdem er einen Anfall hatte und nimmt sich vor am nächsten Tag wieder nichts zu essen, um den Anfall auszugleichen.

Ohne Hilfe kommt Jonah aus diesem Teufelskreis nicht heraus.

Das ist Ilona

Ilona leidet an Bulimie, auch Ess-Brech Sucht genannt. Nach ihren wiederkehrenden Heißhungerattacken übergibt sie sich oder nimmt Abführmittel.

„Du siehst ja so hübsch aus, jetzt wo du abgenommen hast“, sagen ihre Verwandten auf einer Familienfeier. Das bestätigt sie in ihrem Glauben, sie sei nur etwas wert, wenn sie dünn genug ist.

Ilona braucht unbedingt Hilfe.

 

 

Das ist Aylin

Sie leidet an atypischer Anorexie, reguläre Mahlzeiten hält sie nicht ein. Wenn sie von der Schule nach Hause kommt, isst sie eine Packung Chips und macht dann ein Workout. Wenn sie danach nicht zittert, dann hat sie es nicht richtig gemacht, denkt sie.

Außer der Tüte Chips isst sie den Tag über nichts. Wenn ihre beste Freundin ihr zum Beispiel eine Banane mitbringt, lehnt sie ab – in ihrem Kopf kann sie keine Banane essen, weil sie davon dick wird. „150 Kalorien, das ist zu viel“, denkt Aylin.

Aylin ist krank.

Gemeinsam
Lösungen finden.

Viele Menschen, die unter einer Essstörung leiden, wünschten sich, sie könnten alleine damit klar kommen. Das ist jedoch ein fälschlicher Gedanke, da eine Essstörung nichts ist, wofür man sich schämen muss. Ohne Hilfe kann es auch gefährlich werden – bei Essstörungen handelt es sich um ernstzunehmende Krankheiten, die nicht in Eigenregie bewältig werden können. Ein erstes Gespräch mit einer vertrauten Person ist immer ein Schritt in die richtige Richtung.

Popcorn-beAware

Kacper: Das ist kein Popcorn

Das ist ein No-Go für Kacper. Er leidet an Muskelsucht, auch als „männliche Anorexie“ bekannt. Er sagt sich: „Das passt nicht in meinen Ernährungsplan“, den er akribisch im Voraus geplant hat.

Obwohl er heute mehrere Stunden trainiert hat, hat er das Gefühl, sein Körper sei nicht durchtrainiert genug. „Du hast einfach keine Selbstdiszplin, du Opfer“, sagt er zu sich selbst, wenn er beim Filmeabend mit seinen Freunden doch etwas von dem Popcorn isst.

Kacper ist einer von 70 Millionen Essgestörten.

Apfel-beAware

Amal: Das ist
kein Apfel

Das ist ein „Safe Food“ für Amal. Er leidet an Magersucht.

„Ein Apfel zum Mittag reicht mir“, lügt er sich selbst und seine Freunde an, denn er hat große Angst davor, zuzunehmen. Früher wurde er von seinen Mitschülern und seiner Familie aufgezogen, weil er übergewichtig war. In der Pubertät hat er sich fest vorgenommen abzunehmen, um gemocht zu werden – seitdem ist er im Abnehmwahn gefangen, der sich jetzt in eine Essstörung verwandelt hat, aus der Amal nicht mehr alleine rauskommt.

Amals Leben ist gefährdet.

Kuchen-beAware

Leni: Das ist kein Kuchen

Das ist ein „Fear-Food“ für Leni, die eine Binge-Eating-Störung hat.

Bei Essattacken, unter der sie regelmäßig leidet, wenn sie alleine ist, kann sie trotz Sättigungsgefühl nicht mehr aufhören und isst mehrere Stücke Kuchen nacheinander. Sie versucht ihre Gefühle zu betäuben. Anschließend leidet sie an zermürbenden Schuldgefühlen. „Ich bin wertlos, ich habe keine Selbstdisziplin“, sagt sie sich. In der Öffentlichkeit zu essen weckt in Leni Schamgefühle.

Alleine kann Leni diese Sucht nicht bekämpfen. 

Veronika: Das ist kein Brötchen

Das ist eine „Sünde“ für Veronika. Sie leidet unter Orthorexie, dem zwanghaften Wahn gesund zu essen. Der Gedanke an ihre nächste Mahlzeit bestimmt ihren Alltag. Alles, was sie zu sich nimmt, plant sie akribisch im voraus. Dinge, die sie nicht selber zubereitet hat, kann Veronika nicht essen.

„Wer weiß was da alles drin ist“, sagt sie sich, wenn sie auf die Brötchen verzichtet, die ihr Mann beim Sonntagsfrühstück mitbringt. Seit Monaten war sie nicht mehr mit ihrer Familie außer Haus essen – es bereitet ihr Angstzustände, etwas zu essen, von dem sie nicht genau weiß, wieviel Fett, Kohlenhydrate oder Mikronährstoffe darin enthalten sind.

Veronika ist damit nicht die Einzige.

Professionelle
Hilfe

Wer unter einer Essstörung leidet, leidet an einer Krankheit. Auch wenn diese, wie so häufig bei psychischen Gegebenheiten, nicht von außen erkennbar ist, sollte man sich professionelle Hilfe suchen. 

Angehörige & Umfeld

Kleinigkeiten mit großer Bedeutung.

Nahestehende Personen wie Elternteile, Geschwister oder Großeltern, genauso wie Freund*innen sind oft die ersten, die Verhaltensveränderungen bemerken. Das können ein verändertes Essverhalten oder eine Gewichtsänderung sein, aber auch Niedergeschlagenheit oder Bedrücktheit und sozialer Rückzug. Dafür ist es wichtig, dass Angehörige aufmerksam sind und auffällige Verhaltensweisen so früh wie möglich bemerken. Ein gemeinsames Gespräch auf Augenhöhe kann helfen, damit Betroffene sich nicht allein gelassen fühlen.